Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz: eine verhägnisvolle Kombination

Diabetes mellitus betrifft weltweit rund 10 % der Bevölkerung, 2 % der Erwachsenen leiden an Herzinsuffizienz. Das Zusammentreffen beider Erkrankungen hat Konsequenzen und Auswirkungen auf viele Organsysteme.


 

AUTOR: MR Dr. Wolfgang Zillig

Präsident, Herzverband OÖ

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Kardiovaskuläre Erkrankungen, Schlaganfall und PAVK treten gehäuft mit Diabetes mellitus auf. Ursächlich dafür verantwortlich zeigen sich Gefäßveränderungen im makro- und mikrovaskulären Bereich. Da diese Gefäßveränderungen eher dem makrovaskulären Bereich zuzuordnen sind und sie häufig bereits bei Prädiabetes bestehen, ist die Bezeichnung „Spätkomplikationen“ irreführend. Sie trifft eher für mikrovaskuläre Veränderungen wie Retinopathie, Nephropathie und Neuropathie zu. Dass es sich bei diesen Gefäßveränderungen um fließende Übergänge handelt, unterstreicht die Tatsache, dass eine Herzinsuffizienz als Folge einer KHK ohne hochgradige Koronarstenosen auftreten kann.

Genetische Prädispoition wahrscheinlich

Es dürfte eine genetische Prädisposition für Gefäßveränderungen bei Diabetikern bestehen, da es Patienten gibt, bei denen trotz jahrzehntelangem Diabetes keine vaskulären Komplikationen auftreten. Hier hilft zur Diagnosestellung nur die Familien­anamnese. Neben der Insulinresistenz und Hyperglykämie, welche ein Gefäßrisiko darstellt, sind die weiteren modifizierbaren Risikofaktoren die Hypertonie, erhöhtes LDL Cholesterin und hohes Lipoprotein(a).

In einer älter werdenden Population steigt die Inzidenz der Herzinsuffizienz. Die Herzschwäche mit Erschöpfungszuständen und Atemnot wird oft nicht als ernsthafte Erkrankung verstanden. Diabetische Patienten fürchten mehr Amputation, Erblindung oder Niereninsuffizienz, wenn sie die Diagnose Herzinsuffizienz gestellt bekommen. Diabetes stellt einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz dar und führt über die Förderung einer KHK zu erhöhter Mortalitäts- und Hospitalisierungsrate.

Verhängnisvolle Kombination

Diabetes mellitus betrifft weltweit rund 10 % der Bevölkerung, 2 % der Erwachsenen leiden an Herzinsuffizienz. Bei über 65-Jährigen steigt die Herzinsuffizienzhäufigkeit auf 12 %. Wegen Herzinsuffizienz hospitalisierte Patienten haben zu mehr als 50 % eine Zuckerstoffwechselstörung, umgekehrt wird bei 10 bis 20 % Typ-2-Diabetikern eine Herzinsuffizienz festgestellt.

Das Zusammentreffen beider Erkrankungen stellt eine verhängnisvolle Kombination dar, welche Konsequenzen und Auswirkungen auf viele Organsysteme hat. Daher ist es notwendig, eine möglichst frühzeitige Diagnose anzustreben und beim Erkennen einer Erkrankung konsequent nach der jeweils anderen zu suchen. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit ist diesbezüglich besonders von Bedeutung, sowohl in der Diagnostik als auch zur Optimierung der medikamentösen Therapie.

Selbsthilfegruppen als Sicherstellung

Für die Langzeitbehandlung empfiehlt sich die Bedienung zweier sich ergänzender Strategien. Die ärztlich-wissenschaftliche Begleitung der Patienten zielt auf die optimale Stoffwechseleinstellung einerseits und die adäquate Behandlung der Herzinsuffizienz ab. Für die nichtärztliche Bewegungstherapie nach der medizinischen Trainingslehre in der Anleitung der Patienten ist die Physiotherapie verantwortlich.

Für die regelmäßige Umsetzung dieser Maßnahmen benötigen die Erkrankten dauerhafte Unterstützung und Motivation, die durch Selbsthilfegruppen wie den österreichischen Herzverband mit seinen Programmen sichergestellt werden können. Es hat sich erwiesen, dass die ärztlichen Empfehlungen in der Sekundärprophylaxe zur Verhinderung von Rückfällen mit Besserung der allgemeinen Lebensqualität am besten in einer Gemeinschaft umgesetzt werden können.

 

Diabetes kann zur Entwicklung einer Herzinsuffizienz führen und geht mit einer erhöhten Mortalitäts- und Hospitalisierungsrate einher.

 

Eine geringere Wiedererkrankungs- und Hospitalisationsrate spricht dafür, möglichst vielen Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen den Zugang zu den geschilderten Therapieformen im häuslichen Umfeld zu erleichtern.

Der Österreichische Herzverband leistet mit dem BIG-Angebot (Bewegung, Information, Gemeinschaft) große Hilfe: Bewegung wie das beliebte Koronarturnen, Wandern, Radfahren, Schwimmen, Information durch medizinische Vorträge, Aktuelles auf der Website, Publikation des Herzjourmals sowie die Betonung der Gemeinschaft stellen die drei Eckpfeiler dar.

Als eine der größten Selbsthilfegruppen hat der Herzverband OÖ rund 1.400 Mitglieder, aufgeteilt auf 14 Herzgruppen in den jeweiligen Bezirkshauptstädten. Jede betroffene Person findet nicht nur regional, sondern auch öster­reichweit die passende Gruppe.

QUELLEN:

  • Fasching P., Klinik Ottakring, Kontinuum Vaskulopathie, ÖÄZ 13/14:28-30

  • Kaser S. et ai., Positionspapier ÖDG und ÖKG Diabetes und Herzinsuffizienz, Journal für Kardiologie 2021; 28(1-2):14-20

  • Mastnak W. Präsident ÖHV, Polyvalente Bewegungstherapie des österreichischen Herzverbandes, Journal für Kardiologie 2024; 31 Prepublishing 1-3


FOTOS: ZVG, ISTOCKPHOTO/ FOREMNIAKOWSKI

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