Allergen-Immuntherapie (AIT):ein ganzjährig wichtiges Thema
Allergien werden vielfach mit dem Frühjahr assoziiert. Sie haben jedoch das ganze Jahr über Saison. Die derzeit gültige Leitlinie zur Allergen-Immuntherapie (AIT) bietet einen Überblick zum Stand der Evidenz und Hilfe bei der Produktauswahl zur Versorgung der Betroffenen.
AUTOR: Dr. Georg Langmayr
Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Fachgruppenvertreter HNO der Ärztekammer für OÖ
Der Pollenflug beginnt bekanntlich aufgrund der wärmeren Winter bereits im Dezember, aber meistens quälen die Pollen die Betroffenen erst im Frühjahr in vollem Ausmaß. Häufig werden Pollenallergien von Jahr zu Jahr schlimmer, weil sich eine Allergie auf die andere „draufsetzt“. Den Pollen folgen die Gräser und das ganze Jahr über haben Hausstaubmilben Saison, mit verstärkten Symptomen in der Heizperiode. Im Sommer sind Bienen- und Wespenstiche die häufigsten Auslöser von Insektengiftallergien. Mit einer Allergen-Immuntherapie kann auch eine Insektengiftallergie langfristig behandelt werden. Die Hyposensibilisierung dauert dabei meist drei bis fünf Jahre.
Mehr Awareness und Zusammenarbeit
Die Europäische Akademie für Allergie und klinische Immunologie (EAACI) hat bereits vor einigen Jahren Leitlinien zur Allergen-Immuntherapie erstellt, bei denen auch eine Umfrage unter Hausärzten und Interessengruppen in ganz Europa durchgeführt wurde. Es wurde dabei auf Lücken oder Mängel in der Allergieversorgung hingewiesen.
Themen waren auch die infrastrukturellen Herausforderungen, Erstattungsrichtlinien und die Kommunikation unter den Ärzten hinsichtlich einer evidenzbasierten Versorgung. Im Großteil der Länder (92 %) wurde die generelle Verfügbarkeit von AIT bestätigt. 32 bis 48 % der Länder meldeten einen Austausch zwischen Fachärzten und Hausärzten.
Man kam zu dem Schluss, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Erstversorgern für den Ausbau des AIT-Angebots in Europa von entscheidender Bedeutung ist. Als dringend erforderlich erachtet wurden die Entwicklung einer Interpretation von Leitlinien zur Unterstützung der Patientenauswahl, die Einrichtung von Krankheitsmanagementpfaden und die Zusammenarbeit mit Fachgruppen.
AIT-Leitlinie belegt Wirksamkeit und Sicherheit der Präparate
Die von den allergologischen Fachgesellschaften aus Österreich, Deutschland und der Schweiz ausgearbeitete und im Herbst 2022 veröffentlichte Leitlinie gilt noch bis Juni 2027. Danach beabsichtigt man eine neuerliche Überprüfung.
Die Leitlinie bietet sowohl einen Überblick zum aktuellen Stand der Evidenz als auch eine wertvolle Hilfe zur Versorgung von Allergikern. Seitens der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie waren Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Gunter Sturm, Prof. Dr. Zsolt
Szepfalusi sowie Priv.-Doz. Mag. Dr. Stefan Wöhrl als Mitglieder der Expertenkommission und Methodengruppe an der Erstellung beteiligt. Die Leitlinie ist insbesondere für alle Patientengruppen mit allergischer Rhinokonjunktivitis mit und ohne allergisches Asthma und allergische Sensibilisierung auf Inhalationsallergene anwendbar.
Eine der wissenschaftlichen Erkenntnisse der Leitlinie war, dass die produktspezifische Bewertung wichtiger ist als die Applikationsform. Anstatt zwischen subkutaner versus sublingualer Immuntherapie (SCIT/SLIT) zu unterscheiden, wird in der Leitlinie eine produktspezifische Bewertung der Datenlage unabhängig von der Applikationsform gefordert.
Eine neue Leitlinie soll die Lücken in der Allergieversorgung schließen.
Therapie möglichst früh starten
Eine weitere Empfehlung ist, dass die Therapie bereits im Kindes- und Jugendalter startet. Der Grund dafür sind sekundärpräventive Aspekte, vor allem die Reduktion von Neusensibilisierungen und die Verminderung des Asthmarisikos. Zudem kommt die Expertenkommission zu dem Schluss, dass einmal mehr die Therapietreue für den Therapieerfolg ausschlaggebend ist, was eine entsprechende Compliance der Patienten voraussetzt.
Hier gibt es Verbesserungspotenzial, da viele Allergiker die Therapie abbrechen, sobald die Beschwerden weniger werden. Hinsichtlich der Kosten, die in den meisten Fällen die Kassen übernehmen, ist die AIT auf lange Sicht günstiger ist als die symptomatische Therapie. Dies spricht ebenfalls dafür, die Therapietreue zu verbessern.
QUELLE:
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/061-004
https://forschung.medunigraz.at/fodok/suchen.publikationen_mug_autoren?sprache_in=de&menue_id_in=900&id_in=&publikation_id_in=161937
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