POCT: Mehr als nur Kostenersparnis

Point-of-Care-Tests (POCTs) liefern schnelle Rückmeldung der Testergebnisse und somit die Möglichkeit, rascher zum Patientenmanagement zu entscheiden. Sowohl Probenahme als auch Datenanalyse wird bei POCTs am gleichen Ort durchgeführt, damit werden Transport- und Verarbeitungsverzögerungen reduziert.

In den letzten Jahrzenten war eine stetige Zunahme sowohl der Verfügbarkeit als auch des Einsatzes von POCTs zu verzeichnen. Der Trend war sowohl mit Hoffnungen über Vorteile im Vergleich zu Laboruntersuchungen als auch mit Bedenken zum Gesamtnutzen, zu Überdiagnostik und zur Zuverlässigkeit solcher Tests verbunden.

In jüngsten Jahren kommen häufig zwei Biomarker als POC-Diagnostika zum Einsatz: D-Dimere werden bei Verdacht auf einen Gefäßverschluss bei Patienten mit Symptomen der tiefen Venenthrombose (TVT) oder pulmonären Embolie (PE) bestimmt. Der Troponin-POCT (Tn-POCT) kann bei Patienten mit Verdacht auf koronare Herzerkrankung oder Herzinfarkt zum Einsatz kommen.

Einfluss auf das Patientenmanagement

Die Sinnhaftigkeit von POCTs wird in einer aktuellen HTA-Studie hinterfragt. Werden POCTs nur als „Add-on“ und aus Kosteneffektivität verwendet, so ist ihr Einsatz fraglich. Doch wenn sie eine positive Veränderung im Patientenmanagement hervorrufen und zu einer Veränderung im diagnostischen oder therapeutischen Pfad führen, macht ihr Einsatz durch aus Sinn. Weitere Faktoren wie das Überweisungsverhalten, Kostenrückerstattungsaspekte oder organisatorische Aspekte werden ebenfalls durch POCTs beeinflusst.

Die gesundheitspolitische Frage, der eine Untersuchung des Austrian Institute of Health Technology Assessment nachgegangen ist, war, ob durch den Einsatz der beiden POC-Diagnostika D-Dimer und Troponin auch Krankenhausaufenthalte, Einweisungen und weitere Tests vermieden werden können. Während die meisten Studien zu POCTs sich mit der analytischen Performanz, also der diagnostischen Genauigkeit der Tests, befassen, sind Studien zum Impakt auf klinische Entscheidungen und zu patientenrelevanten Endpunkten deutlich seltener.

Mit der HTA-Studie wurde zum einen Wissen aus evidenzbasierten S3-Leitlinien erhoben, wie die beiden POC-Diagnostika D-Dimer und Troponin in der klinischen Praxis eingesetzt werden sollen. Um Kontextfaktoren identifizieren zu können, wurden auch länderspezifische Empfehlungen (S1 und S2-Niveau) zu allgemeiner Diagnostik von TVT/PE sowie akut koronaren Syndromen erhoben. Zum anderen wurde die Evidenz aus systematischen Reviews bzw. klinischen Studien ausgewertet, inwiefern die beiden POC-Diagnostika ausreichend diagnostische Genauigkeit besitzen sowie das Patientenmanagement beeinflussen.

Weiters wurde der Frage nachgegangen, wie D-Dimer und Tn-POCT im österreichischen Gesundheitssystem zum Einsatz kommen, um einen etwaigen klinischen Nutzen abzuschätzen. Dabei wurden unterschiedliche Settings betrachtet: die Notfallmedizin, die Fachmedizin wie die Kardiologie und die Allgemeinmedizin im niedergelassenen Bereich.

Mehr Forschung erforderlich

Dazu wurden zwei systematische Übersichtsarbeiten von Übersichtsarbeiten sowie Update-Assessments durchgeführt. Zwei Leitliniensynopsen sowie eine Expertenbefragung ergänzten das Wissen aus klinischen Studien. Es wurden 26 POC-Dia­gnostika identifiziert, davon messen 15 Geräte Troponin und elf Produkte D-Dimer. Es zeigte sich jedoch, dass hinsichtlich der analytischen Performanz und technologischen Charakteristika Heterogenität besteht.

Im Gegensatz zu einem Bericht aus dem Jahr 2019 fokussiert die Bewertung aus 2024 ausschließlich auf die Primärversorgung. Sie adressiert die Fragestellung, ob der Einsatz von Point-of-Care-Tests für D-Dimer und Troponin (Tn) bei symptomatischen Patienten in der Primärversorgung effektiver oder sicherer als die aktuelle diagnostische Praxis ist.

Eine systematische Literaturrecherche wurde in verschiedenen Datenbanken durchgeführt, um neue systematische Übersichtsarbeiten und Primärstudien zu identifizieren. Die Suche war auf Studien in Deutsch oder Englisch beschränkt, die zwischen Juni 2019 und März 2024 veröffentlicht wurden. Es wurden drei Studien zu Tn-POCTs und drei Studien zu D-Dimer-POCTs identifiziert. Alle Tn-POCT-Studien verwendeten nicht-hochsensitive Tests.

Zu Tn-POCT wurden drei Studien

Durch die schnelle Verfügbarkeit von Testergebnissen kann oft auf eine Überweisung ins Krankenhaus verzichtet werden.

eingeschlossen. Die Ergebnisse zeigen, dass die prähospitale Ausschlussstrategie für Tn-POCT bei Patienten mit Verdacht auf ein Nicht-ST-Hebungs-Akut-Koronarsyndrom (NSTE-ACS) vergleichbare Ergebnisse bezüglich der Sicherheit (MACE) wie die Ausschlussstrategie in der Notaufnahme liefert. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Evidenz zur klinischen Nützlichkeit von hochsensitiven Tn-POCTs in der Primärversorgung weiterhin begrenzt ist.

Drei Beobachtungsstudien, die die Kombination von D-Dimer-POCTs mit klinischen Entscheidungsregeln untersuchten, wurden eingeschlossen. Die Ergebnisse zeigten, dass diese Kombination in der Lage ist, eine venöse Thromboembolie (VTE) mit hoher Sensitivität und einem hohen negativen prädiktiven Wert auszuschließen. Allerdings gab es auch hier ernsthafte Bedenken bezüglich des Bias-Risikos der Studien. Zudem wurde eine schlechte Korrelation zwischen Kapillar- und Plasmamessungen in einigen Tests beobachtet, was darauf hinweist, dass weitere Verbesserungen erforderlich sind.

Der Bericht betont die Notwendigkeit weiterer Forschung, insbesondere um den Nutzen von POCTs in spezifischen Gesundheitsversorgungssystemen zu bestimmen, da die Ergebnisse stark vom jeweiligen Setting abhängen.

rh

QUELLE: Goetz, G., Schmidt, L., Erdos, J., Ciutan, M., Florescu, S., Sasu, C. und Scintee, S. G. (2019): POCT/ Point of Care Tests: D-Dimer und Troponin. HTA-Projektbericht 124, https://eprints.aihta.at/1224


FOTO: ISTOCKPHOTO/ DUSAN MURIC
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