Sportbezogene Verletzungen und Schmerztherapie

 

Bei sportbezogenen Verletzungen sind sowohl eine effektive ärztliche Behandlung als auch physiotherapeutische Rehabilitation notwendig, um die vollständige Wiederherstellung der Funktionalität zu gewährleisten.



AUTORIN: Hannah Moser, BSc, BA

Physiotherapeuten und Soziologin, Physio Austria,


www.physioaustria.at


Sport ist ein zentraler Bestandteil der Freizeitgestaltung in Österreich. Er dient einerseits der körperlichen Fitnesssteigerung und zeigt andererseits positive Wirkung auf das psychische Wohlbefinden sowie soziale, emotionale und psychische Aspekte wie Selbstbewusstsein und Stressabbau. Sport trägt zudem maßgeblich zum Erhalt der Gesundheit bei, indem er Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf- und Bewegungsapparaterkrankungen vorbeugt. Etwa ein Fünftel der Österreicher treibt mindestens einmal pro Woche Sport; vier von zehn sogar zwei bis viermal wöchentlich. Zu den beliebtesten Sportarten in Österreich zählen Fußball, Skifahren, Radfahren und Schwimmen, wobei auch der Besuch im Fitnessstudio und Laufen an Popularität gewinnen. Trotz der gesundheitlichen Vorteile sind sportbezogene Verletzungen häufig, insbesondere bei Kontaktsportarten und Aktivitäten mit hoher Geschwindigkeit.

Eine sportbezogene Verletzung ist eine Verletzung, die entweder akut während der Sportausübung oder über einen längeren Zeitraum hinweg durch Überbeanspruchung entsteht. In Österreich werden jährlich etwa 200.000 sportbezogene Verletzung gemeldet, meist an Beinen oder Armen, und zählen zu der häufigsten Ursache für Freizeitunfälle bei unter 30-Jährigen. Das Risiko für akute Verletzungen ist bei Kontaktsportarten und schnellen Aktivitäten am höchsten. Überlastungs- und Überanstrengungssymptome treten oft bei Einzelsportarten wie Wandern, Laufen oder im Fitnessstudio auf. Wie hoch das individuelle Verletzungsrisiko beim Sport ist, hängt vom Zusammenspiel mehrerer Faktoren ab. Trainingsbezogene Faktoren, Faktoren der motorischen Kontrolle, psychologische Faktoren, gesundheitsbezogene Faktoren, Umweltfaktoren und nicht veränderbare Faktoren wie Alter oder Körperbau spielen dabei eine Rolle.

Es gilt zu beachten, dass durch eine abrupte Lifestyleänderung, beispielsweise mit einem intensiven Einstieg in einen Sport, sich das sportbezogene Verletzungsrisiko erhöhen kann, da der Körper Zeit für Anpassungsprozesse benötigt. Startet man beispielsweise mit intensivem Laufen oder Tennisspielen mit 40 Jahren, ohne zuvor jemals Sport getrieben zu haben und ohne sportspezifisches Zusatztraining, ist der Körper nicht optimal an die Belastung gewöhnt, wodurch das Verletzungsrisiko steigt.

Bei sportbezogenen Verletzungen besteht in den meisten Fällen ein akuter Verdacht auf eine potenzielle Schädigung von Körperstrukturen. Auch zählen eine objektive körperliche Beeinträchtigung, ein deutlicher Verletzungsmechanismus und Entzündungszeichen zu den Indikatoren. Wichtig ist, dass Schmerzen auch ohne konkrete Verletzung auftreten können. Zudem kann exzessive Sportausübung die Anfälligkeit für psychische Erkrankungen wie Essstörungen oder Sportabhängigkeit zur Folge haben.

Return to Sport

Um nach einer sportbezogenen Verletzung wieder nachhaltig aktiv werden zu können, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen ärztlicher und physiotherapeutischer Behandlung förderlich. Um den aktuellen Status des Patienten im Rehabilitationsprozess zu erfassen, existieren verschiedene Assessments und Standards. Im Zuge der Kreuzbandrehabilitation wurden vier Stufen der Rehabilitation definiert, die auch auf andere sportbezogene Verletzungen angewendet werden können:

1. Return-to-Activity (RTA): Wiedereinstieg in die alltäglichen Aktivitäten

2. Return-to-Sport (RTS): Durchführen von sportartspezifischem Rehabilitationstraining

3. Return-to-Play (RTP): Wiedereinstieg beim Mannschafts- oder Wettkampftraining

4. Return-to-Competition (RTC): Reintegrationsprozess bis zum ersten Wettkampfeinsatz

Dies lässt eine individuelle Gestaltung der Rehabilitation zu. Um festzustellen, ob Personen bereit für eine Rückkehr zum Sport sind, können physiotherapeutische Assessments herangezogen werden. Diese Assessments messen den Fortschritt der Rehabilitation und zeigen, ob die erforderliche Funktionalität und Belastbarkeit zum Wiedereinstieg gegeben sind. Durch regelmäßige Evaluierungen können Physiotherapeuten spezifische Schwächen und Stärken identifizieren, individuelle Anpassungen des Rehabilitationsplans vornehmen und sicherstellen, dass der Übergang zurück zum Sport sicher, effektiv und nachhaltig erfolgt. Diese Assessments sind somit unverzichtbare Werkzeuge, um die Rückkehr zum Sport optimal zu organisieren und das Risiko von Wiederverletzungen zu minimieren.

Management von Schmerzen

Nicht jede sportbezogene Verletzung geht mit Schmerzen einher und nicht jedem beim Sport entstandenen Schmerz liegt eine Verletzung zugrunde. Sportbezogene Schmerzen sind als multifaktoriell zu betrachten, da die Ursache selten rein physiologisch ist. Vor allem Schmerzen, die nicht direkt auf eine strukturelle Verletzung zurückzuführen sind, können zu Ängsten, Vermeidungsverhalten oder der Furcht vor einer erneuten Verletzung führen. Aus diesem Grund sollte Schmerz bei sportbezogenen Verletzungen als Spektrum verstanden werden. Ein wesentlicher Bestandteil der Rehabilitation ist daher das Schmerzmanagement. Dieses ist entscheidend, um den Patienten ganzheitlich zu unterstützen sowie Chronifizierungen und Folgeerscheinungen wie Schlafmangel und Depressionen zu vermeiden.

Schmerz wird laut der Internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (IASP) als ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis definiert, das mit aktueller oder potenzieller Gewebeschädigung verbunden ist. Akuter Schmerz tritt direkt nach einem Ereignis oder im Rahmen einer Entzündung auf und dient als Warnsignal, um vor tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschäden zu warnen. Schmerzen, die über drei bis sechs Monate bestehen bleiben, auch nach der Behandlung der Ursache und abgeschlossenem Heilungsprozess, gelten als chronisch. Chronische Schmerzen haben biologische, psychische und soziale Faktoren und werden als eigenständige Krankheit betrachtet.

Interdisziplinärer Ansatz bei komplexen Verletzungen

Zur Behandlung von multifaktoriellen Schmerzen bietet die interdisziplinäre, multimodale Schmerztherapie einen fachübergreifender Ansatz. Sie integriert unterschiedliche Disziplinen wie Medizin, Physiotherapie, Psychologie und Ergotherapie. Ziel ist es, durch eine Kombination aus pharmakologischer Behandlung, physiotherapeutischen Maßnahmen, psychologischer Unterstützung und, wenn nötig, operativen Eingriffen den Schmerz ganzheitlich zu behandeln. Dies verringert das Risiko weiterer Chronifizierungen und verbessert langfristig die Lebensqualität der Patienten.

Die Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) ist dabei ein zentraler Aspekt. Sie beschreibt die Überzeugung, den eigenen Gesundheitszustand durch eigene Kompetenzen und das aktive selbstständige Mitwirken positiv beeinflussen zu können. Diese zielt darauf ab, Patienten zu stärken, sodass sie sich selbst als aktive Rolle in der Therapie wahrnehmen. Eine hohe SWE unterstützt den Erfolg von Therapieansätzen, indem sie Motivation, Durchhaltevermögen und die Bereitschaft zur aktiven Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen fördert. Dies kann durch gezielte Aufklärung, die Vermittlung von Selbstmanagement-Techniken und das Einbeziehen der Patienten in die Therapieplanung erreicht werden. Wenn Patienten überzeugt sind, aktiv zur eigenen Genesung beizutragen, verbessert dies nicht nur die Heilung, sondern reduziert auch das Risiko einer erneuten Verletzung. Eine effektive interdisziplinäre Zusammenarbeit ist daher entscheidend.

Literatur bei der Autorin


FOTO: ZVG, ISTOCKPHOTO/ ANDREYPOPOV
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