Darf der Praxismietvertrag vorzeitig gekündigt werden?
Ein Arzt möchte wegen Platzmangels eine neue größere Praxis beziehen. Darf er aus dem mit drei Jahren befristeten Mietvertrag aussteigen oder muss er die noch offene Zeit „absitzen“?
„Im Falle einer Befristung kann der Mietvertrag – soweit nichts Abweichendes vereinbart worden ist – vom Mieter nicht vorzeitig aufgekündigt werden, außer es liegt ein wichtiger Grund nach § 1117 ABGB vor“, erklärt Dr. Leonhard Göbel, Rechtsanwalt und Partner bei Nepraunik & Prammer Rechtsanwälte. Das wäre der Fall, wenn die Ärztin aus Gründen, die nicht in ihrer Sphäre liegen, die Mieträumlichkeiten nicht zum „bedungenen Zweck“, sprich zum Ordinationsbetrieb, gebrauchen könne. Also etwa wegen gravierender Baumängel. Ansonsten sei eine ordentliche Kündigung bei einem befristeten Mietvertrag, ohne dass dies vertraglich vereinbart wurde, nicht möglich.
„Im besten Fall hat die Ärztin demnach mit dem Vermieter bereits im Mietvertrag vereinbart, dass sie den Vertrag ungeachtet der Befristung ordentlich aufkündigen kann“, so Göbel weiter. Kündigungstermine und -fristen könnten nämlich frei vereinbart werden. Bei der Abgabe der Kündigungserklärung sei darauf zu achten, dass diese dem Vermieter so rechtzeitig zugehe, dass zwischen dem Zugang der Kündigung und dem Kündigungstermin die gesamte Kündigungsfrist liege. Wichtig sei es, die im Mietvertrag vereinbarten Formen zu wahren. „In der Regel wird vereinbart, dass die Kündigungserklärung schriftlich abzugeben ist“, so der Experte für Immobilienrecht. Nachsatz: „Im Zweifel bedeutet dies: inklusive Unterschrift.“
Unbefristeter Mietvertrag: drei Monate Kündigungsfrist
Falls wiederum ein unbefristetes Mietverhältnis abgeschlossen wurde, gilt, soweit vertraglich nichts anderes vereinbart wurde, eine gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten. Göbel weist darauf hin, dass der Mietvertrag gemäß § 560 der Zivilprozessordnung (ZPO) jeweils nur zum Quartalsende aufgekündigt werden könne. Oft würden unbefristete Mietverträge auch mit einem einseitigen Kündigungsverzicht des Mieters kombiniert. „Verzichtet der Mieter z. B. für einen Zeitraum von fünf Jahren auf eine ordentliche Kündigung, gilt innerhalb dieses Zeitraums dasselbe wie im Falle einer Befristung“, erklärt Göbel. Der Mieter könne den Vertrag jedenfalls nur aus einem wichtigen Grund auflösen.
pb
Erst das Übergabeprotokoll, dann die Kaution
Um für Streitigkeiten über Mängel bei der Ordinationsaufgabe gewappnet zu sein, empfehlen Experten Ärzten, ein sogenanntes Übergabeprotokoll zu verfassen, in dem etwaige Schäden oder Mängel festgehalten werden und das die ordnungsgemäße Rückgabe bestätigt. Danach muss der Vermieter die Kaution sofort zurückzahlen.
Achtung! Das Übergabeprotokoll schützt nicht vor späteren Schadenersatzansprüchen. Grundsätzlich können Schäden binnen einem Jahr nach der Praxisaufgabe geltend gemacht werden. Erst danach ist der Arzt vor Schadenersatzansprüchen sicher.
FotoS: Horst Dockal, istockphoto/ sawek Kawila