Komplikationen häufig

Herpes Zoster ist eine neurokutane Erkrankung und kann bereits bei unkompliziertem Verlauf starke Schmerzen verursachen. Bis zu 30 % der Patienten sind darüber hinaus von Komplikationen betroffen.

Die häufigste Komplikation ist die „Post-Zoster-Neuralgie“ mit oft monate- bis manchmal jahrelangen Nervenschmerzen. Auch Augen und Ohren können betroffen sein. Nach einer Erkrankung haben Betroffene ein bis zu 4-mal höheres Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden.


Kein harmloser Hautausschlag

Herpes Zoster ist eine sehr häufige Erkrankung. In Österreich geht man von rund 40.000 Erkrankungen pro Jahr aus. Zahlreiche Patienten zeigen dabei einen vergleichsweise harmlosen Verlauf, dennoch können starke Schmerzen auftreten. „Gürtelrose ist nicht nur ein Hautausschlag, sondern in erster Linie eine Virusinfektion der Nerven, die sich mit sehr schmerzhaften Hautsymptomen bemerkbar macht und schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen kann“, berichtet ao. Univ.-Prof. Dr. Stefan Winkler, Stellvertretender Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin am AKH Wien, und ergänzt: „Schon die ‚normale‘ Gürtelrose kann Schmerzen auslösen, die zum Teil intensiver wahrgenommen werden als Geburtswehen oder Schmerzen nach operativen Eingriffen. Ursache sind Nervenschädigungen auf mehreren Ebenen.“

Ursache für eine Gürtelrose ist immer eine vorangegangene Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus, einem humanen Herpesvirus. Bei der Erstinfektion kommt es zum Krankheitsbild der Windpocken. Nach Abklingen der Ersterkrankung nistet sich das Virus in den Nervenknoten entlang der Wirbelsäule ein. Kann es vom Immunsystem nicht mehr unterdrückt werden, kommt es zur Reaktivierung und damit zur Gürtelrose. Über 99 % der über 50-Jährigen tragen das Virus in sich – eine von drei Personen erkrankt im Laufe des Lebens an Gürtelrose. Dabei ist das Alter der wichtigste Risikofaktor – ab 50 Jahren steigt das Risiko, an Gürtelrose zu erkranken, durch die altersbedingte Abnahme der Immunabwehr markant an. Häufige Grunderkrankungen wie Diabetes, Asthma oder rheumatoide Arthritis sowie immunsupprimierende Therapien erhöhen das Risiko zusätzlich.


Lebensqualität deutlich beeinträchtigt

Wird das Virus wieder aktiv, kann es zu Nervenschädigungen auf unterschiedlichen Ebenen kommen. „Dementsprechend beschreiben die Patienten unterschiedliche Schmerzerlebnisse“, so Winkler. „Manche vergleichen sie mit Dornen, die sich in die Haut bohren. Andere erinnert der Schmerz an Stiche mit scharfen Nägeln. Wieder andere haben das Gefühl, als würden ihre Nervenenden unter Feuer stehen, und einige empfinden elektrisierende Schmerzen wie durch einen Stromschlag.“ Das hat nachweislich negative Effekte auf die Lebensqualität: Eine 2017 veröffentlichte Studie zeigt bei 63 % der Patienten Auswirkungen auf den Schlaf. 57 % klagen über weniger Lebensfreude. Bei 45 % ist die Leis­tungsfähigkeit in der Arbeit eingeschränkt, und 32 % nehmen Beeinträchtigungen im Sozialleben wahr.

 
 

ao. Univ.-Prof. Dr. Stefan Winkler, Stv. Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin am AKH Wien

 

„Schmerzen werden zum Teil intensiver wahrgenommen als Geburtswehen oder Schmerzen nach operativen Eingriffen.“

 

Gravierende Komplikationen

„Die bekannteste und häufigste Komplikation im Zusammenhang mit der Erkrankung ist die Post-Zoster-Neuralgie, die bei bis zu 30 % der Patienten auftritt. Die Nervenschmerzen dauern hier mindestens drei Monate an, können in selteneren Fällen aber auch Jahre anhalten. Auch hier ist das Risiko altersabhängig – bei über 70-Jährigen Zoster-Patienten ist bereits jeder Zweite davon betroffen. Bei 10 % bis 25 % der Erkrankungen wird das Auge in Mitleidenschaft gezogen. Man spricht dann von einem Zoster ophthalmicus (HZO), der mit Entzündungen von Bindehaut, Hornhaut, der mittleren Augenhaut oder des Sehnervs einhergeht. Im schlimmsten Fall kann das zu einem dauerhaften Sehverlust führen.

Ähnlich unangenehm zeigt sich auch der Zoster oticus, der diagnostiziert wird, wenn der äußere Gehörgang und die Ohrmuschel befallen sind. Ist zudem der 7. Hirnnerv betroffen, kann es zu einer Gesichtslähmung kommen. Ist der 8. Hirnnerv involviert, führt dies zur Beeinträchtigung des Gleichgewichtes mit Schwindel, Übelkeit oder Augenzittern sowie der Hörfunktion mit Tinnitus oder Hörverlust. Eine seltene, aber nicht minder dramatische Komplikation der Gürtelrose ist die Zoster-Enzephalitis, die sich als klassische virale Enzephalitis mit Bewusstseinstrübung, Verwirrtheit, Fieber, Kopfschmerzen, epileptischen Anfällen sowie Symptomen einer Meningitis manifestiert und vor allem bei immunsupprimierten Patienten schwerwiegende Verläufe zeigt.

 
 

Assoc. Prof. PD Dr. Assunta Dal-Bianco, Abteilung für Neurologie am AKH Wien

 

„Das Risiko für zerebrovaskuläre Komplikationen ist nach einer Herpes-Zoster-Erkrankung um das 1,3- bis 4-Fache höher.“

 

Risiko für einen Schlaganfall erhöht

„All diese Komplikationen werden mit Herpes Zoster in Verbindung gebracht“, sagt Assoc. Prof. PD Dr. Assunta Dal-Bianco, Abteilung für Neurologie am AKH Wien, und ergänzt. „Weniger bekannt ist hingegen der Zusammenhang mit dem Auftreten von Schlaganfällen. Wissenschaftliche Untersuchungen weisen jedoch für Gürtelrose-Patienten ein 1,3- bis 4-fach erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre Komplikationen wie Schlaganfälle nach der Erkrankung auf.“ Durchschnittlich vergehen vier Monate zwischen Herpes Zoster und einem Schlaganfall, und neuesten Studien zufolge kann das erhöhte Schlaganfall-Risiko noch über 12 Jahre bestehen bleiben.

Kontrovers diskutiert wird derzeit noch der Zusammenhang zwischen Herpes Zoster und einer Begünstigung von Demenzerkrankungen. Mehrere Studien sehen aber Verbindungen zwischen den beiden Erkrankungen. „Der Zusammenhang zwischen Gürtelrose und den genannten Komplikationen ist gegeben, auch wenn man teilweise die Ursachen noch nicht kennt.“ Allein, um sich potenziell jahrelange Schmerzen zu ersparen, zahlt es sich schon aus, Vorsorge zu treffen. Ein Schutz ist möglich. Die Impfung gegen Gürtelrose ist im Impfplan Österreich für alle Erwachsenen ab 50 Jahren und für Personen mit besonders hohem Risiko, an Gürtelrose zu erkranken, bereits ab 18 Jahren empfohlen“, betont Dal-Bianco.

rh


Impfung gegen Gürtelrose im Österreichischen Impfplan empfohlen

Ein Schutz ist möglich. Die Impfung gegen Gürtelrose ist im Österreichischen Impfplan für alle Erwachsenen ab 50 Jahren und für Personen mit besonders hohem Risiko für Gürtelrose bereits ab 18 Jahren empfohlen. Mehr Informationen unter www.guertelrose-info.at


FOTOS: KUK, ISTOCKPHOTO/ WILDPIXEL

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