New Work in der Arztpraxis

New Work ist eine neue Art des Arbeitens, die längst den Alltag vieler Unternehmen und Freiberuflerpraxen bestimmt. Unter anderem ermöglicht sie die Neu- bzw. Umgestaltung von Arbeitszeit, Arbeitsort und Teamorganisation. Auch Arztpraxen können sich davor nicht verschließen.




AUTORIN: Tina Jung, MBA


MEDconcept Unternehmensberatung GmbH

www.medconcept.at


Der Begriff „New Work“ wurde von dem Philosophen Prof. Dr. Frithjof Bergmann in den 70er- und 80er-Jahren geprägt, als Reaktion auf die zunehmende Automatisierung und die damit verbundenen Arbeitsplatzverluste. Bergmanns Vision einer neuen Arbeitskultur basierte darauf, dass Menschen bezahlte Arbeit verrichten sollten, die ihren Werten, Talenten und Fähigkeiten entspricht, also das, „was sie wirklich, wirklich wollen“.


New Work im Gesundheitswesen 

In der heutigen Zeit, die von Digitalisierung und Automatisierung geprägt ist, wird New Work auch im Gesundheitswesen zunehmend diskutiert. Experten haben sieben Prinzipien definiert, die New Work in der Medizin konkretisieren:

  • Selbstverantwortung: Medizinische Teams organisieren sich autonom, steuern Prozesse selbst und übernehmen Verantwortung für Budget und Dienstplangestaltung.

  • Kooperation der Professionen: Multiprofessionelle Teams arbeiten auf Augenhöhe zusammen, wobei die jeweilige Fachkompetenz respektiert wird.

  • Partizipative Hierarchie und hybride Führung: Entscheidungen werden in einem demokratischen Prozess gemeinsam getroffen, um Mitgestaltung und Verantwortungsübernahme zu fördern.

  • Sinn: Der Fokus wird auf die medizinische und pflegerische Arbeit gelenkt, wobei Patienten stärker in Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

  • Fokussiertes Arbeiten: Vermeidung von Unterbrechungen und Multitasking soll Stress und Fehler reduzieren.

  • Entwicklung: Hochwertige Aus- und Weiterbildung sowie die Förderung eines „Growth Mindsets“ sind essenziell für die Weiterentwicklung im Gesundheitswesen.

  • Soziale Verantwortung: Arbeitgeber müssen Verantwortung für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden übernehmen, psychologische Sicherheit und Prävention fördern und ein nachhaltiges Arbeitsumfeld schaffen.



New Work praktisch umsetzen

Auch wenn eine Ordination noch nicht vollständig nach den Prinzipien von New Work arbeitet, können Führungskräfte bereits erste Schritte in diese Richtung unternehmen. Die folgenden Tipps helfen, die Prinzipien in kleinen Schritten in den Arbeitsalltag zu integrieren.

Checkliste: Selbstverantwortung

Welche Aufgaben können an ein Team delegiert werden?

Gibt es bereits eine Feedback-kultur und wie könnte diese verbessert werden?

TIPP 1: Fördern Sie Selbstverantwortung 

Dazu ist es notwendig, Verantwortung zu delegieren. Es gilt einen Rahmen zu schaffen, der es den Mitarbeitern ermöglicht, ihre Kompetenzen, ihre Kreativität und ihre Talente in Entscheidungen und kontinuierliche Prozessverbesserung einzubringen. Darüber hinaus soll das Team ermutigt werden, konstruktives Feedback zu geben und zu empfangen.

 

Checkliste: Kooperation der Profession

Wird in einem Team auf Augenhöhe kommuniziert?

Wie kann die Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen verbessert werden?

TIPP 2: Kooperation der Profession fördern

Zwischen verschiedenen Berufsgruppen sollte eine Atmosphäre des Respekts und der Anerkennung geschaffen werden. Ziel ist, eine Kultur zu fördern, in der Fehler als Lernchance angesehen werden.

 

Checkliste: Partizipative Hierarchie

Gibt es Bereiche, in denen ein Team mehr Mitbestimmung haben könnte?

Wie könnten Verantwortlichkeiten innerhalb eines Teams klarer verteilt werden?

TIPP 3: Partizipative Hierarchie und hybride Führung

Beziehen Sie das Team in Entscheidungsprozesse ein, insbesondere bei Themen wie Dienstplanung oder Raumgestaltung. Auf Basis der individuellen Stärken der Teammitglieder sollen Rollen und Verantwortlichkeiten eingeteilt werden.

 

Checkliste: Sinn in der Arbeit

Wie können digitale Tools genutzt werden, um den Fokus auf die medizinische Versorgung zu verstärken?

Wie können Patienten stärker in den Behandlungsprozess eingebunden werden?

TIPP 4: Sinn in der Arbeit finden

Digitalisierung hilft, administrative Aufgaben zu reduzieren und mehr Zeit für die Patientenbetreuung zu haben. Eine patientenzentrierte Zusammenarbeit integriert Patienten aktiv in den Behandlungsprozess.

 

Checkliste: Fokussiertes Arbeiten

Welche typischen Unterbrechungen stören den Arbeitsfluss in einem Team?

Welche Maßnahmen zur Stress-bewältigung könnten eingeführt werden?

TIPP 5: Fokussiertes Arbeiten unterstützen

Analysieren Sie jene Faktoren, die zu häufigen Unterbrechungen führen, und entwickeln Sie gemeinsam im Team Strategien, um diese Unterbrechungen zu reduzieren. Schaffen Sie einen Rahmen, in dem die Prozesse daran gemessen werden, welchen Wert diese für den Patienten bringen. Fördern Sie die Resilienz, indem im Team offen über Stress gesprochen wird und gemeinsam Wege zur Stressbewältigung erarbeitet werden.

 

Checkliste: Entwicklung

Wie können Sie Weiterbildungs­angebote für ein Team verbessert werden?

Gibt es Möglichkeiten, die Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen zu stärken?

TIPP 6: Entwicklung fördern

Schaffen Sie Strukturen, die eine regelmäßige Fort- und Weiterbildung ermöglichen – sowohl für fachliche als auch für methodische und sozial-emotionale Kompetenzen. Der Austausch zwischen verschiedenen Berufsgruppen und die gemeinsame Problemlösung können am besten durch interdisziplinäre Teams gefördert werden.

 

Checkliste: Soziale Verantwortung

Wie sicher fühlen sich die Teammitglieder, ihre Bedürfnisse anzusprechen?

Welche Maßnahmen zur Stress- und Burnout-Prävention können in einem Team eingeführt werden?

TIPP 7: Soziale Verantwortung wahrnehmen

Psychologische Sicherheit: Schaffen Sie ein Umfeld, in dem Teammitglieder offen über ihre Bedürfnisse und Herausforderungen sprechen können und sich sicher fühlen. Achten Sie auf Anzeichen von Überlastung und setzen Sie frühzeitig Maßnahmen zur Unterstützung und zur Burnout-Prävention. 


fotoS: ZVG, ISTOCKPHOTO/ SOUTH_AGENCY
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