Schmerzmedizin für alle?!

(v.l.): Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar (Generalsekretär der ÖSG), OÄ Dr. Waltraud Stromer (Past-Präsidentin der ÖSG), Ao. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Eisner (Präsident der ÖSG), Ao. Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna (Vizepräsident der ÖSG)

Rund 1,8 Millionen chronische Schmerzpatienten leiden in Österreich unter unzureichender Versorgung. Besonders einkommensschwache und vulnerable Gruppen sowie Menschen in ländlichen Regionen sind betroffen.

 

Bereits zum 24. Mal informiert die Österreichische Schmerzgesellschaft (ÖSG) im Rahmen der „Schmerzwochen“ über die Möglichkeiten und Entwicklungen der modernen Schmerzmedizin in Österreich. Die Informationsinitiative setzt auch heuer wieder einen thematischen Schwerpunkt im Einklang mit der internationalen Kampagne der International Association for the Study of Pain (IASP) und der Europäischen Schmerzföderation (EFIC): Das Thema ist „Soziale Ungerechtigkeit bei der Schmerzversorgung“. 

Schmerzversorgung ist sozial ungerecht

„Menschen in ländlichen Regionen haben oft schlechteren Zugang zu spezialisierten Schmerztherapien als in urbanen Zentren. Das verschärft die gesundheitliche Ungleichheit und mindert die Versorgungschancen erheblich“, sagt Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna, Leiter der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin der MedUni Wien und Vizepräsident der ÖSG und betont die Bedeutung von Sensibilisierung und Bildung.

Recht auf Zweitmeinung 

„Die Möglichkeit, eine zweite ärztliche Meinung einzuholen, sollte für alle Patienten ein selbstverständlicher und von der Kasse gedeckter Bestandteil der medizinischen Versorgung sein“, erklärte Ao. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Eisner, Präsident der ÖSG. Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Zweitmeinung könnte nicht nur die Patientensicherheit verbessern, sondern auch erhebliche Kosten im Gesundheitswesen einsparen. Die ÖSG fordert, die Zweitmeinung als verbindlichen Teil der Behandlung zu etablieren. Durch fundierte Diagnosen könnten bis zu 50 % der Operationen vermieden und damit nicht nur Kosten, sondern auch unnötige Eingriffe und Belastungen für Patienten reduziert werden.

Versorgungslücken aufgezeigt

Die von Univ.-Prof. Dr. Andreas Sandner-Kiesling und seinem Team an der Med Uni Graz veröffentlichte Studie „Statuserhebung der österreichischen Schmerzambulanzen 2023 – Einfluss der Covid-19-Pandemie auf die schmerzmedizinische Versorgung“ zeichnet ein düsteres Bild. Die Anzahl der Krankenhäuser mit Schmerzambulanzen hat insgesamt im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie um 7,5 % abgenommen. Diese Abnahme ist vor allem auf den Personalmangel zurückzuführen. Gleichzeitig zeigt die Studie, dass es aktuell nur sieben vollzeitbetriebene Schmerzambulanzen gibt. „In den Schmerzambulanzen werden zunehmend invasive Behandlungen durchgeführt, während der multimodale Schmerztherapieansatz, der von der ÖSG empfohlen wird, immer seltener in der Praxis umgesetzt wird“, bedauert Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, Generalsekretär der ÖSG. Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch positive Entwicklungen: „Mit dem von der Ärztekammer beschlossenen Zertifikat für Schmerztherapie wurde ein großer Schritt in Richtung bessere Versorgung gemacht. Dieses Zertifikat gewährleistet eine hohe Behandlungsqualität und stärkt die interdisziplinäre Zusammenarbeit“, so Likar.

Der Mangel an Medikamenten zur Linderung starker Schmerzen zwingt Behandler dazu, von Leitlinien-konformen Therapien abzuweichen. „Besonders Opioide sind von diesem Mangel betroffen. Die Niedrigpreispolitik für bewährte Arzneimittel wie Morphium hat dazu geführt, dass viele Hersteller die Produktion eingestellt haben“, sagt Dr. Waltraud Stromer, Past-Präsidentin der ÖSG. Sie appellierte an die Politik, die Versorgungssicherheit gesetzlich weiterhin zu priorisieren und die pharmazeutische Industrie zu verpflichten, größere Lagerbestände bereitzuhalten.

rh


Foto: Österreichische Schmerzgesellschaft/APA-Fotoservice/Schedl
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