Was passiert mit der Ordination im Scheidungsfall?

Wieso geschiedene Ärzte ihre Ordinationsflächen an den Ex-Partner oder -Partnerin verlieren können und wie man sich dagegen absichert.

 

Nach dem in Österreich geltenden Prinzip der Gütertrennung bleibt jeder Ehepartner Eigentümer der von ihm in die Ehe eingebrachten und der während der Ehe erwirtschafteten Vermögensgegenstände. Das betrifft auch Immobilien. „Im Falle einer Scheidung kommt es dann allerdings – sofern sich die Scheidenden nicht auf einen Scheidungsvergleich einigen – zu einer richterlichen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse“, erklärt Dr. Leonhard Göbel, Rechtsanwalt und Partner bei Nepraunik & Prammer Rechtsanwälte. Nachsatz: „Das umfasst diejenigen Vermögensgegenstände, die während der Ehe gemeinsam erwirtschaftet worden sind, auch Immobilien.“

Die Aufteilung der ehelichen Vermögensgegenstände erfolgt vom Scheidungsrichter nach Billigkeit, wobei die Ausgangsbasis ein Verhältnis von 50:50 ist. Nicht der Aufteilung unterliegen hingegen Unternehmen und Gegenstände, die dazugehören. „Eine Arztpraxis wird – als Unternehmen – daher grundsätzlich nicht aufgeteilt“, sagt Göbel. Voraussetzung sei aber, dass die Ordination von den übrigen Teilen der Immobilie (insbesondere Wohnbereichen) trennbar sei. Denn bei gemischter Nutzung von Räumlichkeiten bzw. mangelnder Trennbarkeit von Ordination und Wohnbereich falle die gesamte Immobilie in die Aufteilung. „Nur jener Teil, der eindeutig der Arztpraxis zugeordnet werden kann, ist vom Aufteilungsverfahren ausgenommen.“

Aufteilungsverfahren auch bei Miete

Achtung: Wird eine Arztpraxis in der gemeinsamen Ehewohnung betrieben, unterliegt diese auch dann einem Aufteilungsverfahren, wenn sie bereits vor der Ehe von einem Partner erworben worden ist. Bei der Miete einer Ordination könnten ähnliche Probleme auftreten, so Göbel: „Auch hier gilt: War die Arztpraxis bisher die gemeinsame Ehewohnung, dann unterliegen die Mietrechte dem Aufteilungsverfahren.“ Die Mietrechte könnten vom Scheidungsrichter ohne Zustimmung des Vermieters demjenigen Ehepartner übertragen werden, der dringend auf die Ehewohnung angewiesen ist. „Das muss nicht derjenige sein, der bis dahin in der Wohnung die Ordination betrieben hat“, hält Göbel fest.

Egal ob Eigentum oder Miete, in beiden Fällen ist es jedenfalls denkbar, dass der geschiedene Arzt seine Ordinationsräumlichkeiten an den Ex-Partner verliert. Um dieses Risiko zu minimieren, empfiehlt Göbel, die Immobilie, in der sich die Ordination befindet, nicht zum Lebensmittelpunkt der Ehe und damit nicht zur gemeinsamen Ehewohnung werden zu lassen. „In der Regel wird es allerdings der vom Scheidungsrichter anzuwendenden Billigkeit entsprechen, die Rechte an der Ordination beim geschiedenen Arzt zu belassen und – soweit die Ordination in das aufzuteilende Vermögen fällt – ihm einen anderweitigen Vermögensausgleich aufzuerlegen“, sagt er abschließend.

pb

 

Das Aufteilungsverfahren

Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse nimmt der Scheidungsrichter nach dem Grundsatz der Billigkeit vor. Dabei kann sich die Ausgangsbasis, ein Verhältnis von 50:50, nach unterschiedlichen Kriterien verschieben. Vor allem kommt es darauf an, welcher Ehepartner welchen Beitrag zur Vermögensbildung geleistet hat und was dem Wohl gemeinsamer Kinder am besten entspricht. Nach dem sogenannten Bewahrungsgrundsatz (§ 90 EheG) sollen Eigentumsübertragungen an unbeweglichen Sachen nur in letzter Konsequenz angeordnet werden. 


FotoS: Horst Dockal, istockphoto/ malerapaso
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