Point-of-Care-Schnelltests in der PVE

Dass in der Primärversorgungseinheit (PVE) POC-Analysetools angeschafft werden, steht außer Frage. Die Verwendung der Geräte erleichert den allgemeinmedizinischen Alltag, lenkt die Patientenströme und schafft Sicherheit.



Autor: MR Dr. Wolfgang Hockl

Arzt für Allgemeinmedizin, PVE Enns, BezirksärztInnenvertreter Linz-Land, Referatsleiter Primärversorgungseinheiten der Ärztekammer für OÖ

diehausaerzte.at


Point-of-Care-Tests (POCT) sind aus der PVE nicht mehr wegzudenken. CRP-POCT werden am häufigsten genutzt und versprechen eine sehr zuverlässige Diagnostik. Kombiniert wird meist ein Blutbild (BB) angefertigt. Bei unklaren Ergebnissen wird zur Kontrolle ein BB Röhrchen ins Großlabor eingesandt. Semi-quantitative Geräte (Teststreifen) finden ebenfalls noch Verwendung, allerdings überwiegt der Einsatz der quantitativen Produkte. Zu den Top-Point-of-Care-Schnelltests in der PVE zählen jene für die Infektionsdiagnostik, Troponin-Schnelltests bei Verdacht auf Herzinfarkt sowie D-Dimer zur Abklärung thromboembolischer Ereignisse.

Genaue Daten schaffen Sicherheit und Compliance

Als Kaufkriterien für POC-Geräte dienen die diagnostische Testgenauigkeit, die Präzision, sowie die Benutzerfreundlichkeit. Je nach Größe, Format und Bedienungsanforderungen variiert die Akzeptanz und Leistung. Die Genauigkeit stellt ein wichtiges Merkmal dar, welches sowohl dem Anwender als auch dem Patienten Sicherheit vermittelt.

Insbesondere CRPT liefern erstklassige Ergebnisse, die als Entscheidungskriterium für eine AB-Therapie herangezogen werden können. Gepaart mit mit der klinischen Erfahrung der untersuchenden Ärzte besteht eine hohe Treffsicherheit. Die Ergebnisse können dann auch direkt in die Software eingespielt werden. Die hohe Qualität der Auswertung überzeugt und die als Ausdruck verfügbaren Ergebnisse können als Besprechungsunterlage für das Therapiegespräch herangezogen werden. Gegebenenfalls kommt eine „verzögerte Verordnung“ zum Einsatz, bei welcher die erkrankte Person nach entsprechender Aufklärung selbst entscheiden kann, ob sie die auf der e-card gespeicherten Medikamente benötigt oder nicht.

Ebenso verlässliche Ergebnisse liefern Troponin-Schnelltests bei Verdacht auf Herzinfarkt, sowie D-Dimer-Schnelltests zur Abklärung thromboembolischer Ereignisse. Auch hier profitiert man von dem schriftlichen Vorliegen der Daten, die bei skeptischen und überängstlichen Patienten zusätzliche Compliance schaffen können.

CRP-POCT zur Reduktion von AB

Der häufigste POCT-Fall, nämlich CRP-POCT, wurde bereits in verschiedenen Studien untersucht. Es konnte mit mittlerer Sicherheit gesagt werden, dass die Nutzung von CRP-POCT zu einer signifikanten Reduktion von Antibiotikaverschreibungen bei der Erstvorstellung von Patienten mit Infektionen der Atemwege geführt hat. Hinsichtlich der diagnostischen Testgenauigkeit (diagnostic test accuracy) liegt studiengemäß nur geringe Evidenz für die Verwendung von CRP-POCT bei Patienten mit akuten Atemwegsinfektionen in der Primärversorgung vor. Bei unklaren klinischen Untersuchungsergebnissen können CRP-POCT wie bereits weiter oben erwähnt sinnvoll sein, wenn sie in Kombination mit einer klinischen Untersuchung oder einem Scoring-System (clinical decision rule) genutzt werden, um jene Patienten zu finden, die eher nicht von einem Antibiotikum profitieren würden – vor allem, wenn nach der klinischen Untersuchung diagnostische Unsicherheit besteht.

In der in den Quellenangaben erwähnten Studie kam man zu dem Schluss, dass die analytische Leistung der CE-gekennzeichneten quantitativen CRP-POCT-Geräte, die im Assessment evaluiert wurden, unter idealisierten Bedingungen weitgehend mit CRP-Labortests vergleichbar ist. Die analytische Testleistung (analytical performance) kann sich demnach bei extremen Werten verschlechtern, jedoch ohne großen Einfluss auf die Entscheidungen in der Primärversorgung (aller Organisationsformen), da der Entschluss, ein Antibiotikum zu verschreiben oder nicht, alle Werte über oder unter einem Grenzwert einschließt.

POCT zur Lenkung der Patientenströme

Durch den Einsatz von POCT wurde und wird somit dem Gesundheitsreform-Grundsatz „digital vor ambulant vor stationär“ in der PVE schon von Beginn an Rechnung getragen. Liegt ein Testwert im Graubereich, ist der Weg in die Notaufnahme zur weiteren Abklärung dennoch unabdingbar. In den meisten Fällen jedoch dient POCT in der PVE auch als Mittel zur Lenkung, um die Krankenhäuser zu entlasten.

Der Zeitfaktor spielt dabei eine nicht unerhebliche Rolle, da die Werte in zwei bis maximal zehn Minuten im Falle von CRP vorliegen. Hinsichtlich der Thrombose- und Herzinfarktdiagnostik geht man von 20 bis 30 Minuten bis zum Vorliegen der Resultate aus. Diese geringe Wartezeit spielt allen in der PVE ansässigen Vertretern der verschiedenen Gesundheitberufe in die Hände, da im Bedarfsfall gemeinsam ein rasches, weiteres Vorgehen festgelegt werden kann.

Nutzen von POCT gegeben

Noch ein Wort zur Kosten-Nutzen-Thematik: Bund, Länder und Sozialversicherung einigten sich bekanntlich nach langen Verhandlungen des Finanzausgleichs auf die damit verbundene Gesundheitsreform. Oberstes Ziel der Reform ist es, dass die medizinische Versorgung für alle Menschen in Österreich weiterhin in hoher Qualität gesichert werden soll. Bis 2028 sollen dafür rund 14 Milliarden Euro für Gesundheit und Pflege zur Verfügung gestellt werden. „Gesundheit für alle in hoher Qualität – und zwar mit der e-card statt der Kreditkarte“ hieß es seitens des Ministers.

Was die Finanzierung der Primärversorgungseinheiten – und damit letztendlich auch die Anschaffung von POCT – betrifft, gibt es je nach Bundesland derzeit verschiedenene Modelle. In diesem Rahmen soll daher nicht näher darauf eingegangen werden. Fakt ist jedoch, dass der Nutzen der patientennahen labordiagnostischen Untersuchungen belegt ist und durch die bereits angesprochenen Lenkungsmechanismen Kosten sparen kann.

Empfehlenswert wären meines Erachtens einerseits Studien dazu, andererseits zur Zufriedenheit der Ärzte mit POC-Testungen, um hier vermehrt Evidenz zu schaffen.

QUELLE:

  • www.sozialversicherung.at/cdscontent/?contentid=

10007.844330&portal=svportal

  • www.gesundheit.gv.at/news/aktuelles/aktuell-2023/gesundheitsreform.html


fotoS: zvg, istockphoto/ Kittisak Kaewchalun

Mehr Artikel

 

Zurück
Zurück

Biomarker für frontotemporale Demenz

Weiter
Weiter

Komplikationen vorhersagen